Natürlich gab es mehr. Aber drei Lehrern, so unterschiedlich sie sind, fühle ich mich in besonderer Weise verbunden, und bin dankbar für das, was sie gegeben, weitergegeben haben — mir und anderen.

Martin Gosebruch, bei dem ich Anfang der 1980er Jahre Kunstgeschichte im Nebenfach studierte, war zu dieser Zeit schon eine besondere Art von altem Mann. Zart, weiss, hatte er etwas durchsichtiges, unkörperliches. Vorsichtig drückte man ihm die Hand, und merkte dann die Kraft, die er in seiner Weise hatte. Die Feinheit des Verständnisses von Kunst, das Bestehen auf der sinnlich-unmittelbaren Anschauung, die dahinter stehende Liebe zur besonderen Qualität künstleriischer Formung, und eine eigentümliche Verbindung von gebildetem Konservativismus und unkonventioneller Haltung — das sind bleibende Eindrücke. Vor allem mittelalterliche Kunst wurde lebendig und zeigte sich als ungeheuer differenzierter und sich rapide entwickelnder Kosmos. Vorher konnte ich mir das nicht vorstellen; seitdem weiss ich, dass es überall diese Welten gab und gibt.

Klaus Briegleb, geprägt von der politisch-emanzipatorischen Bewegung der 60er und 70er Jahre und sie mitprägend, verkörperte in seinem ganzen Wesen eine Radikalität, die anziehend war, Nähe zuließ und zu viel produktiver Infragestellung führte. Eine Hingabe an Texte, ein skrupulöses Befragen von Texten in unterschiedlichsten Dimensionen, Konfrontationen, verband sich mit noch aufgebrochenen Formen universitären Lernens, die gerade dabei waren, zurückzugehen auf Konventionen, in trauriger, manchmal bitterer Akzeptanz einer Wirklichkeit, die sich nicht so entwickelt hatte, wie es hätte sein sollen. Moralische und politische Indifferenz waren ihm so unerträglich wie ein Karrierismus, der Texte tötet, indem er über sie (nicht) spricht. Er sammelte einen Kreis von Studierenden um sich, die noch einmal erleben konnten, dass Seminare keinen Professor brauchen. So blieben Freundschaften, aus dieser gemeinsamen Erfahrung, auch wenn sich die Wege trennten.

Younghi Pagh-Paan verdanke ich alles, was ich als Komponist geworden bin, und noch sehr viel mehr. Welches Glück es bedeutete, ihr als Lehrerin begegnet zu sein, hat sich nicht nur im Kompositionsstudium gezeigt, sondern erst recht danach, als die intensive Beziehung weiter ging und immer neue Facetten zeigte. Auch hier entstand ein Kreis von Schülerinnen und Schülern. Unter ihnen sind meine nächsten Freunde, musikalisch wie menschlich. Und wir alle scheinen immer noch, nach so vielen Jahren, um Younghi zu kreisen — in einer freien aber doch unausweichlichen Weise. Es ist nicht nur die Unbedingtheit, Zartheit und Gefühligkeit ihrer Musik, es ist auch die Moral ihres Komponierens. Es ist nicht nur die Moral ihres Komponierens, es ist auch die Hingabe ihres Unterrichtens. Es ist nicht nur die Widmung als Lehrerin, es ist auch die Unfähigkeit, sich irgendwo zur Ruhe zu setzen. Nein, es müssen CDs veröffentlicht und Konzerte veranstaltet werden, du kannst doch auch dies, und du bist doch auch das. Diese Zusammenhalt stiftende Unruhe, die mitunter etwas wichtig nimmt, das man selbst schon fast vergessen hat, lebt in einem weiten Raum geistiger Bezüge, von buddhistischen Sutren bis zu den Evangelien, von Laozi und Zhuangzi bis zu Sophokles und Homer, von Edith Stein, Simone Weil und Rose Ausländer bis zu Kwang-Kyun Kim und Yang-Eop Choe. So verwirklicht sich Teilhabe und Weitergabe, ein weiteres mal. (Die Texte, die ich aus verschiedenen Anlässen zu Younghi Pagh-Paan geschrieben habe, sind hier versammelt.)